Balzac, HonorĂŠ de Lebensbilder II 

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prächtige Kutsche, um diese berühmte Kokette zu besu-
chen, welche vor dieser Stunde vor keinem sichtbar war.
Augustine kannte die antiken und prächtigen Hotels in
der Faubourg St. Germain noch nicht; ihr Herz pochte
hörbar, als sie die prächtigen Flure, die grandiosen Mar-
mortreppen betrat. Sie waren trotz dem strengen Winter
mit südlichen Blumen geschmückt. Augustine hatte bis-
her von diesem Geschmack, von dieser Eleganz keinen
Begriff gehabt. »Das ist es vielleicht, was mein Gemahl
auch in seinem Hause wünscht,« sprach sie, »und was ich
bisher nicht für möglich gehalten; doch kann das mir
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seine Liebe wiedergeben, so werden sich auch wohl
Künstler finden, die mit ihrem Geschmack dem meinigen
zu Hilfe kommen.«
Als sie die Zimmer der Gräfin betrat, konnte sie einer
aufwallenden Eifersucht nicht Herr werden: sie bewun-
derte die eleganten Dekorationen, Möbel und Teppiche,
jede Unordnung war reizend, die Reichtümer waren mit
verschwenderischer Überladung angebracht.
»Jawohl!« seufzte sie, »ein einfaches, redliches Herz
genügt einem Künstler nicht.«
Sie wurde angemeldet. Furchtsam und schüchtern trat sie
vor die allgewaltige Nebenbuhlerin, welche sie, nachläs-
sig in einer Ottomane ruhend, empfing.
»Wem verdanke ich das Glück, Sie zu sehen?« fragte die
Gräfin.
Augustine wußte nichts zu erwidern, denn sie sah eine
dritte, unberufene Person neben der Gräfin, einen jungen,
schmucken Offizier.
Diese merkte an Augustinens Verlegenheit, daß sie heim-
lich mit ihr zu reden wünsche.
»Nun denn, lieber Obrist,« sprach sie, »auf Wiedersehen
in dem Bois de Boulogne.«
Der Obrist verneigte sich schweigend und ging.
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»Madame!« begann Augustine, da sie allein mit der Grä-
fin war, »mein Besuch dürfte Sie befremden, aber das
Unglück und die Verzweiflung haben ihre Eigenheiten
und bedürfen der Nachsicht. Ich kann es mir recht gut
erklären, woher mein Gemahl Ihr Haus dem meinigen
vorzieht, woher Sie eine solche Macht über sein Herz
besitzen.  Leider, ich brauche nur an meinen Unwert zu
denken, um hinreichende Gründe zu finden. Aber, gnädi-
ge Frau, ich bete meinen Gatten an, fünf schmerzvolle
Jahre haben sein Bildnis in diesem Herzen nicht ausge-
löscht: in meiner Verzweiflung kam ich auf den Gedan-
ken, mit Ihnen einen Wettkampf zu wagen und Sie selbst
um die Mittel zu befragen, durch welche ich über Sie
triumphieren kann.
O beste, gnädige Frau!« rief Augustlne, und ergriff die
Hand der Gräfin, die ruhig sie ihr ließ, »so will ich zu
Gott nie um mein Heil beten wie um das Ihrige, wenn Sie
mir beistehen wollen, ich will nicht sagen, die Liebe! 
nur die Freundschaft meines Galten mir wieder zu erwer-
ben. Alle meine Hoffnung beruht auf Ihnen! Ich be-
schwöre Sie, wie vermochten Sie es, so ganz sein Herz
zu gewinnen?«
Augustine schwieg in Tränen und barg ihr Antlitz ins
Schnupftuch.
Die Gräfin, wider ihren Willen von diesem ebenso uner-
warteten wie neuen Auftritt gerührt, nahm das Wort.
»Beruhigen Sie sich, liebe, kleine, schöne Frau!  Ich
muß Ihnen vor allen Dingen empfehlen, Ihr reizendes
Auge nicht durch Weinen zu trüben; vor allen Dingen
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müssen Sie Ihres Kummers Herr zu werden suchen, denn
nur im Anfang leiht uns Schwermut einigen Reiz, aber
dauernd welkt sie die Gestalt und gibt unseren Zügen
eine unangenehme Härte. Die tyrannischen Männer übri-
gens begehren, daß wir Sklavinnen ihrer Eigenliebe stets
heiter sein sollen.«
»Könnte ich doch meinen Schmerz beherrschen!« rief
Augustine, «soll ich es mit Geduld ertragen, daß ein Ant-
litz, das ehemals von Liebe und Glück in meiner Nähe
strahlte, jetzt kalt, fremd, mürrisch und mißvergnügt
meinethalben aussieht?«
»Liebes Kind! ich errate jetzt Ihr ganzes Unglück, aber
glauben Sie nur, ich bin keine Mitschuldige des Verbre-
chens Ihres treulosen Gatten. Freilich, ich sah ihn gern
bei mir, er zeigte sich nirgends und ist ein berühmter
Mann. Schon liebe ich Sie zu sehr, schönes Kind, um
Ihnen zu sagen, was er für Torheiten meinethalben be-
ging. Nur eine einzige sollen Sie erfahren, denn sie wird
Ihnen ersprießlich sein, ihn für die Kühnheit zu strafen,
mit der er sich zu mir drängt. Ich weiß wohl, die Folge
davon wird sein, daß er mich in den Augen der Welt
kompromittiert; ich kenne die Welt zu wohl, um mich auf
die Diskretion eines Mannes von Talent zu verlassen. Als
Liebhaber sind sie erträglich, als Eheleute unerträglich,
einen Künstler heiraten, heißt, hinter den Vorhang gu-
cken und die bemalte Leinwand in Augenschein nehmen,
statt sich in den Logen an der glänzenden Täuschung zu
ergötzen. Weil aber bei Ihnen, Liebe, das Übel einmal
vorhanden ist, müssen Sie sich dagegen waffnen.«
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«Ach, gnädige Frau! als ich ihr Haus betrat, merkte ich
schon die Waffen, die Sie zu führen wissen.« »Wenn das
ist, besuchen Sie mich öfter. Sie werden die Kleinigkei-
ten, die übrigens bisweilen wichtig genug sind, bald er-
lernen. Geistlosen Menschen ist das Äußere alles, die
Talentvollen sind nicht besser daran; ich wette. Sie haben
Ihrem Heinrich nie etwas verweigert.«
»Wie konnte ich?«
»Wie ich Sie liebe, kleine, unschuldvolle Seele! Verneh-
men Sie: Je mehr wir jemand lieben, desto weniger darf
er es merken. Ein Ehemann zumal darf niemals um unse-
re Leidenschaft wissen, je härter wir ihm begegnen, desto
mehr liebt er uns.«
»Wie, gnädigste Frau! muß man denn unwahr sein, alles
berechnen, ein künstliches Betragen annehmen, und das
für immer? Wer vermag dies?«
»Liebste! Wenn Sie von der Liebe und ich von der Ehe
rede, so werden wir uns bald ganz und gar nicht mehr
verstehen. Sehen Sie in der Geschichte nach, wie große
Männer, Herrscher sich von Weibern beherrschen ließen.
Jedermann hat seine schwachen Seiten, bei denen man
ihn fassen muß, und bei dem festen Willen ihn zu beherr-
schen, auf welchen wir alle Gedanken, Handlungen, un- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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