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Denton war vollständig ergraut und trug sein Haar militä-
risch kurz. Er war von durchschnittlicher Körpergröße, und
seine Miene verriet, dass er schon zu viel gesehen hatte.
»Er hat zwei Männer umgebracht«, sagte Mac und schob
einen Umschlag über den Tisch zu Denton, dem der kleine
Finger an der rechten Hand fehlte.
Denton setzte seine Brille auf und studierte die Akte mit den
Fingerabdrücken, die vor ihm lag.
»Habt ihr diese & ?«, fragte Denton.
»Als der Verdächtige vor zwanzig Jahren eine Vorstrafe be-
kommen hat«, sagte Mac. »Der Name wurde mit Arvin Bloom
angegeben, aber er ist nicht Arvin Bloom.«
Die beiden Männer verstanden einander.
»Ich wette, dies sind die einzigen aktenkundigen Abdrücke
von Arvin Bloom, der nicht Arvin Bloom ist«, sagte Mac.
»Diese Abdrücke sind jedes Mal aufgetaucht, wenn wir seine
Fingerabdrücke überprüft haben.«
»Und«, fügte Denton hinzu und legte den Bogen weg, »du
denkst, der Tag, an dem er seine Vorstrafe erhalten hat, ist
auch der Tag, an dem der neue Arvin Bloom geboren wurde?«
»Offiziell taucht er gar nicht auf, Tony«, sagte Mac.
Denton nickte. Er war Mac verpflichtet, und Mac war ihm
verpflichtet. Es war möglich, dass Denton etwas ausgraben
konnte. Er gehörte zum militärischen Geheimdienst. Seit Ein-
führung der neuen Heimatschutzgesetze und der Entweder-
oder-Richtlinie, die alle geheimdienstlichen Einrichtungen
anwies, untereinander zu kooperieren, war es für ihn leichter
geworden zu helfen.
»Du denkst, er gehört zu uns«, mutmaßte Denton.
»Er tötet, als würde er dazugehören. Vielleicht Militär, viel-
leicht CIA.«
»Wird nicht einfach sein«, sagte Denton lächelnd.
»Damit habe ich auch nicht gerechnet«, entgegnete Mac.
»Er ist außer Kontrolle, Tony. Er wird wieder töten.«
Für einen Moment saß Denton schweigend da. Dann sagte
er: »Wie gesagt, gib mir alles, was du hast, dann werden wir
uns um das Problem kümmern.«
Macs unbewegte Miene war Denton durchaus vertraut.
»Das ist New Yorks Problem«, sagte Mac. »Du würdest ihn
nicht laufen lassen, aber es gibt andere, die von dem abhängig
sein könnten, was er weiß und was er getan hat.«
Denton griff zum Telefon und sagte: »Ich rufe dich an.«
Mac nickte und erhob sich.
»Mach ein bisschen Druck«, sagte er. »Der Kerl weiß, wie
man tötet, und er weiß, wie man verschwindet.«
»Wie wäre es irgendwann einmal mit einem Abendessen
oder einem Drink?«, fragte Denton.
»Sicher«, sagte Mac.
»Du hältst doch durch, Mac?«
Beide wussten, dass er auf den 11. September anspielte, auf
Macs verstorbene Frau. Denton war bei der Beerdigung an
Macs Seite gewesen.
»Mir geht es gut«, antwortete Mac mit einem gezwungenen
Lächeln.
»Lieutenant Rivera«, sprach Denton in sein Telefon.
»Schaffen Sie mir Longretti in Washington heran.«
Mac verließ das Zimmer und zog die schwere Tür hinter
sich zu.
Stella hatte an Joshuas Bett gesessen und seine Aussage aufge-
nommen, die, wie sie fürchtete, vermutlich nicht viel wert war,
weil der Mann eindeutig im Delirium war.
Außerdem war er von Schuldgefühlen übermannt und
tauchte immer wieder in Wahnvorstellungen der Vergangen-
heit ab.
Ein Arzt namens Zimmerman, leicht übergewichtig, mit ei-
nem Stethoskop, das ihn als Arzt auswies, um den Hals, sah
fasziniert zu, wie sein Patient befragt wurde. Zimmerman
konnte nicht älter als achtundzwanzig sein.
»Ich habe Glick umgebracht«, sagte Joshua und blinzelte.
»Ich habe Joel umgebracht. Ich wollte den Priester umbrin-
gen.«
»Gehen Sie für mich noch mal jede Tat im Einzelnen
durch«, bat Stella.
Joshua leckte sich die Lippen und starrte den Arzt an, als
hätte er den Mann noch nie zuvor gesehen.
»Meine Hand wurde von einem Dämon geführt«, offenbarte
er.
»Könnten Sie bitte etwas genauer erzählen, was passiert
ist?«, fragte Stella.
»Ich erinnere mich nicht«, sagte Joshua. »Er hat mich ange-
rufen. Hat mich in einer Flasche gefunden und in Zungen zu
mir gesprochen. Kann ich in diesem Staat um Hinrichtung in
Form einer Kreuzigung bitten?«
»Nein«, sagte Stella. »Und auch in keinem anderen.«
»Ich glaube, er blutet wieder«, sagte Dr. Zimmerman mit
tiefer Stimme. »Der rechte Fuß.«
Stella nickte, schaltete den Kassettenrekorder ab und legte
ihn zurück zu ihrer Ausrüstung.
Joshua hatte niemanden umgebracht. Man würde eine An-
klage gegen ihn aufbauen, keine starke Anklage, aber eine, die
vor einem Geschworenengericht reichen könnte.
Stella erhob sich.
Joshua blickte zu ihr hinauf und lächelte.
»Hat sich was getan?«, fragte Mac und sah durch die einseitig
verspiegelte Scheibe.
»Ha m auf nett gemacht und sie in Ruhe gelassen«, sagte
Detective Buddy Roberts, der mit den Händen in den Taschen
vor ihm stand.
»Haben sie irgendetwas gesagt?«, fragte Mac.
»Nein. Shelton weiß, dass wir zuhören.«
Macs Augen ruhten auf Shelton und Jacob Vorhees, der
schweigend dasaß.
Er freute sich ganz und gar nicht auf das, was er machen
musste, wenn er diesen Raum betrat. Und er freute sich auch
nicht auf das, was er diesem verängstigten Jungen würde antun
müssen. Mac wusste, dass er Jacob Vorhees verletzen würde,
aber auch, dass hier, wie bei den meisten Wunden, die Heilung
erst nach dem Schmerz beginnen würde.
Mac sah Roberts an, der, wie zur Verneinung einer unaus-
gesprochenen Frage, den Kopf schüttelte.
Roberts, der noch zwei Monate bis zu seiner Pensionierung
vor sich hatte, war groß und kahlköpfig und hatte dicke Trä-
nensäcke unter Augen, die beinahe alles gesehen hatten, was
sich ein unmenschlicher Geist einfallen lassen konnte. Er hatte
eine Mauer zwischen sich und den Bildern von Kindern aufge-
baut, die von den eigenen Eltern verstümmelt worden waren,
oder den Bildern von Frauen, deren Körper von ihrer Scham
bis hinauf zu ihren blutigen Gesichtern zerfetzt worden waren.
Roberts Mauer war vor knapp einem Jahr erheblich in ihrer
Festigkeit erschüttert worden, als er die Leiche eines sechsjäh-
rigen Jungen gesehen hatte, der aufgeschnitten und dem seine
Leber herausgerissen worden war. Der Schlächter des Jungen
war der Vater gewesen. Es war weniger das Entsetzen über den
Anblick des Jungen, als die Reaktion des Vaters, die ihm zu
schaffen gemacht hatte.
»Ich will eine Leber spenden«, hatte der Vater grinsend er-
klärt.
Der Vater war ein mageres Wiesel mit nervösen Händen
und ungepflegtem langen Haar gewesen. Als Grund für seine
Tat hatte er angegeben, er hätte eine Wiederholung von Ver-
schollen im Weltraum gesehen, als er plötzlich auf den Gedan-
ken gekommen sei, seinem Sohn die Leber herauszuschneiden.
Das Wiesel hatte sich königlich dabei amüsiert, seine Ge-
schichte vorzutragen und zu erzählen, dass er die Leber ver-
steckt hatte.
Mac hatte ebenfalls an dem Fall gearbeitet und eine Spur
aus Blutstropfen von dem Wohnhaus zu einem Deli auf der
anderen Straßenseite verfolgt. Roberts hatte Mac beobachtet,
der einfach auf der Schwelle des Deli gestanden und sich um-
gesehen hatte, ehe er zur Eistruhe ging. Der Angestellte in dem
Deli konnte beobachten, wie zwei Polizisten gefrorene Frucht-
speiseeisriegel, Eissandwiches, Schokoladeneistüten und Pa-
ckungen mit einem oder zwei Litern Speiseeis ausräumten.
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